«So, rück raus mit dem Klatsch. Was gibt’s für Insider Geschichten? Ich will alles wissen!», fordert Denise. Hinter den Kulissen von Olympia läuft tatsächlich viel ab. Das ist nicht nur Klatsch und Stoff für die Boulevardmedien. Sondern auch viel Arbeit im Hintergrund und Begegnungen mit Athleten von anderen Ländern und Sportarten, Helfern und Fans. Ein paar dieser Erlebnisse schildere ich in den folgenden Absätzen.

Leben im Olympischen Dorf

Der Zugang zum Olympischen Dorf läuft über die Akkreditierung. Sie ist der Freipass zu allem. Ohne sie läuft nichts. Wir wurden jedes Mal registriert, wenn wir das Olympische Dorf und die übrigen Olympischen Anlagen verlassen oder betreten haben. Die Akkreditierung verschaffte Zugang zum Dorf-internen Fitnesscenter und der Essenshalle. Diese war sozusagen Drehscheibe im Olympischen Dorf. Alle Athleten, Betreuer und übrigen Akkreditierten trafen sich dort zum Essen. Das Angebot war frisch, vielseitig, fein. 24 Stunden zugänglich. Kosxher, halal, vegetarisch, vegan, glutenfrei. Ein richtiges Schlaraffenland.
Die Schweizer Delegation besetzte ein paar Stockwerke in einem der Wohnblöcke. Die Wohnungen waren funktional, aber eher spartanisch eingerichtet. Im Parterre gab es einen Gemeinschaftsraum mit einem grossen Flachbildschirm, unbequemen, aufblasbaren Sesseln und einer Küche, wo eine Nespresso Maschine und Schweizer Schöggeli die Leute bei Laune hielt.
Im Dorf waren alle denkbaren Einrichtungen zu finden. Post, Souvenirladen, kleiner Supermarkt, Coiffure, medizinische Einrichtungen, ein Spielraum für die Athleten mit Billardtischen und Massagesesseln. Das Leben im Olympischen Dorf glich dem Leben in einer Parallelwelt zur Welt «draussen».

Vom Winde verweht

Die eisige Kälte und der fiese Wind in Südkorea waren oft Thema in den Medien. Sie haben die Bedingungen an den Olympischen Spielen für uns erschwert. Glücklicherweise erwischten wir eine kleine «Wärmeperiode» und mussten während unseren Einsätzen auf Schnee nicht mit der Kälte kämpfen. Dafür machte uns der Wind das Leben resp. Training schwer. Die Stärke und Richtung der Windböen war unberechenbar. Das erste Training auf der Olympia Snowboardcrossstrecke glich demnach eher einem Überlebenskampf als einer sehenswerten, sportlichen Darbietung. Wir wurden buchstäblich vom Winde verweht. Die Konsequenz war, dass kaum Frauen mehrere ganze Läufe ins Ziel brachten. Und schlimmer, dass viele bereits mit ersten kleinen Blessuren ins Rennen geschickt wurden.
Für uns flachte der Wind pünktlich auf den Wettkampftag ab. Andere Wettkämpfe wurden unter den widrigen Bedingungen ausgetragen. Als Beispiel dafür empfehle ich diesen Bericht zum Slopestyle Wettkampf der Snowboard Frauen: https://medium.com/@amberstackhouse/an-open-letter-to-the-international-olympic-committee-1cb441ac8e6c

LGBT

Ein Rekord: 13 homosexuelle Athleten waren in PyeongChang am Start. Eine davon war ich. Bei solchen Schlagzeilen bleibt mir nur ein Kopfschütteln. 13 homosexuelle Menschen waren wahrscheinlich alleine in der Schweizer Delegation zu finden. Im Vorfeld von Olympischen Spiele, wenn die sportlichen Resultate noch nicht viel zu reden geben, müssen andere Themen her. So weit, so gut. Mich ödet die schlecht recherchierte Berichterstattung aber an. Auf der anderen Seite freuten mich die paar wenigen Mitteilungen von Leuten, denen ich mit meinem öffentlichen Bekenntnis zur Homosexualität Mut machen konnte.

Team Noro

Am Donnerstagmorgen bekamen wir eine Hiobsbotschaft. Der Norovirus hatte zugeschlagen. Opfer waren zwei Freestyle Skifahrer und eine Person aus dem Betreuungsstab, die bereits nach Hause gereist war. Bei uns im Team bestand bei einer Athletin ebenfalls der Verdacht auf eine Ansteckung und so wurden Teile der Unterkunft in eine Quarantäne verwandelt. Überall Desinfektionsmittel, strenge Regeln. Mein Gedanke war, mich einfach bis nach unserem Wettkampf am folgenden Tag nicht anzustecken. Falls das nicht schon geschehen war. Entsprechend ging ich auf Distanz, verbrachte den Grossteil des Tages draussen, feuerte die Jungs im Zielgelände an, fühlte mich gesund. Kleine Anzeichen eines flauen Magens ignorierte ich erfolgreich. Dies auch am Wettkampftag. Rund zwei Stunden nach meinem Rennen gewannen aber die Symptome gegen meine Ignoranz und ich hing die folgenden 10 Stunden über der Kloschüssel. Ob’s schlussendlich der Norovirus war oder nicht, kann ich nur vermuten. #TeamNoro

Das unerwünschte Mitbringsel

Die drei Tage nach meinem Wettkampf verbrachte ich mit meiner Familie und Freundin in der Umgebung PyeongChang und Seoul. Ständiger Begleiter in dieser Zeit war eine schmerzende, immer dicker werdende, linke Hand. Zurück in der Schweiz röntgte ich die wieder schlanker gewordene, aber immer noch schmerzende Hand. Das erste Bild lieferte keine klare Einschätzung. Das CT danach zeigte ein gebrochenes Kahnbein (Scaphoid). Jedoch ist der Handwurzelknochen nicht vollständig durchgebrochen. Die Konsequenz: Ich trage einmal mehr Gips. Aber ich darf damit Snowboard fahren und lasse mir den Saisonabschluss nicht vermiesen.

Immer schneewärts,

Simona